Aktuelles

Zurück zur Übersicht

Odenwald-Akademie und VHS setzen bildungspolitische Akzente

Mit einem Bekenntnis zur Volkshochschule (VHS) als Garantin des lebenslangen Lernens für jedermann und einem kritischen Vortrag zum heutigen Bildungsbegriff in Schule, Ausbildung und Universität hat die „Lange Nacht der Volkshochschulen“ im Odenwaldkreis bildungspolitische Akzente gesetzt. Sie fand am Freitagabend in Michelstadt statt. Die „Lange Nacht“ wurde bundesweit begangen und erinnerte an die Gründung der Volkshochschulen vor 100 Jahren.

In der Feierstunde im Schenkenkeller sagte Bildungsdezernent Oliver Grobeis, lebenslanges Lernen werde zum Beispiel angesichts eines immer häufiger von Wechseln geprägten Berufslebens immer wichtiger. „Die Volkshochschule ist so aktuell wie eh und je“, hob er hervor und verwies gemeinsam mit Dr. Ilona Agoston, der Leiterin der Volkshochschule Odenwaldkreis, unter anderem auf einen Kurs, in dem man den Hauptschulabschluss nachholen kann. Er findet bereits zum zweiten Mal im Odenwaldkreis statt, „und es gibt mittlerweile auch Interesse an einem Realschulabschluss-Kurs“, so Agoston vor rund 60 Gästen.

„Bildung ist wissen, wo etwas herkommt und warum.“

Prof. Dr. Peter Euler, TU Darmstadt

Peter Euler, Pädagogikprofessor der TU Darmstadt, ging im Historischen Rathaus mit dem Bildungswesen von der Kita bis zur Universität kritisch ins Gericht. Die Odenwald-Akademie hatte ihn in der Reihe ihrer Rathausvorträge eingeladen und so die „Lange Nacht der Volkshochschulen“ bereichert. Euler warb eindringlich für ein breites Verständnis von Bildung, die über den reinen Erwerb von Wissen hinausgehen und Verstehen ermöglichen müsse. „Bildung ist wissen, wo etwas herkommt und warum.“

Euler forderte vor 50 Zuhörerinnen und Zuhörern eine „pädagogische Re-Orientierung“. Diese sei auch im Sinne der Lehrer, die immer mehr zu bloßen Coachs oder Kompetenzbeschaffungsgehilfen würden. Der Lehrer-Beruf verschwinde geradezu, warnte er. Lehrer seien dazu da, Schüler zu begeistern und zur geistigen Auseinandersetzung mit der Welt anzuregen. Auch seien Universitäten immer seltener Orte, über die Gesellschaft kritisch nachzudenken, monierte Euler.

Ergänzt wurden der Festakt und der Rathausvortrag mit etlichen Workshops im Kellereihof, in denen sich die Teilnehmer unter anderem mit dem Tango-Tanz, mit Fremdsprachen, mit der handschriftlichen Gestaltung von Grußkarten und – in einem Diavortrag – mit dem Iran befassen konnten. Ebenso gab es einen Poetry Slam mit dem bekannten Odenwälder Slamer Finn Holitzka, der unter anderem seinen Text „Riviera mit Mittelgebirge“ vortrug. In dieser Liebeserklärung an den Odenwald heißt es zum Beispiel „Du bist nicht Provinz, sondern Provence…Hier liegt nicht der Hund begraben, wir fühlen uns hier pudelwohl.“

Auch das passte gemeinsam mit dem historischen Ambiente des Kellereihofs gut zur Jubiläumsfeier, denn die Volkshochschule Odenwaldkreis will mit ihren Angeboten, so Agoston, „wesentlich zur regionalen Identitätsentwicklung beitragen“.