Aktuelles

Zurück zur Übersicht

Wie das Handy die Radwegeplanung erleichtert

Der Vortrag von Dr. Sven Lißner wurde aufgezeichnet und ist hier auf dem Youtube-Kanal der Odenwald-Akademie zu sehen. Die Beispiele aus dem Odenwaldkreis sind ab Minute 44 geschildert.

Wo kommen Radfahrerinnen und Radfahrer gut voran und wo nicht? Welche Wege werden wie stark genutzt? Wo gibt es Verbesserungspotential? Auch im Odenwaldkreis stellen sich Verkehrsplanerinnen und -planer Fragen wie diese. Um Antworten zu finden, können sie seit einiger Zeit auf verlässliche Daten von Radlerinnen und Radlern zurückgreifen, die diese per Handy gesammelt haben – und zwar beim Projekt Stadtradeln.

Beim jüngsten Vortrag der Odenwald-Akademie am Dienstagabend (26.11.) stellte der Mobilitätsforscher Dr.-Ing. Sven Lißner im Volksbank-Atrium, Erbach, anschaulich vor, wie jene Daten zusammengetragen und visualisiert werden, so dass sie Planerinnen und Planern nutzen. Das wurde auch anhand von vier Beispielen aus dem Odenwaldkreis deutlich. „Wir brauchen Analysedaten in der Radverkehrsplanung und -förderung für die Argumentation, Planung und Evaluation von Maßnahmen“, hob Lißner hervor. „Hier sind Smartphones der Game-Changer, denn man kann mit ihnen wirklich viele Daten erheben.“

Lißner ist Leiter der Forschungsgruppe Radverkehr/Bike Lab an der Professur für Verkehrsökologie der TU Dresden. Er entwickelte gemeinsam mit zwei Partnern, der Firma flow.d und dem Klima-Bündnis, das Ride Portal, das GPS-Routendaten mittels der Stadtradeln-App sammelt und auf Karten sichtbar macht. Beim Stadtradeln waren im Odenwaldkreis allein in diesem Jahr im Mai mehr als 940 Radfahrerinnen und Radfahrer auf insgesamt 113.849 Kilometern unterwegs und haben mit ihrem Smartphone als Sensor Daten generiert.

Beispiele aus Reichelsheim, Beerfelden, Michelstadt und Höchst

So zeigte Lißner am Beispiel des Radfernwegs R9 im Abschnitt Reichelsheim – Frohnhofen auf, wie schnell Radfahrerinnen und Radfahrer dort unterwegs sind beziehungsweise aufgrund der unterschiedlichen Beschaffenheit des Wegs sein können.

Er stellte auch die Datenlage von zwei Querungen vor. An der Querung Radfernweg R4 / Bundesstraße 45 bei Oberzent-Beerfelden wird deutlich, dass Radlerinnen und Radler durchaus bereit sind, Umwege in Kauf zu nehmen. Die Daten zur Querung R4 / Bundesstraße 47 in Michelstadt zeigen, dass Radfahrende auf beiden Seiten der Straße teils lange warten müssen, bis sie weiterfahren können.

Am Radweg R4/R9 entlang der Kreisstraße 112 bei Höchst konnte Lißner aufzeigen, dass zwar mehr Radlerinnen und Radler den in einem Abschnitt parallel zur Kreisstraße verlaufenden Radweg nutzen, aber auch die Straße selbst von vielen Radelnden genutzt wird.

Wichtige Datengrundlage auch für Fachleute im Landratsamt

Diese Beispiele und all die anderen Daten aus dem Odenwaldkreis sind auch für Markus Linkenheil und Thomas Schuhmacher eine wichtige Arbeitsgrundlage. Sie sind als Nahmobilitätskoordinatoren im Landratsamt tätig und unterstützen die Städte und Gemeinden bei Planungen zur Verbesserung des Fuß- und Radverkehrs. „Die Daten aus dem Ride Portal zeigen, wo die Stärken des Radverkehrs im Odenwaldkreis liegen und wo es Herausforderungen gibt“, so Linkenheil und Schuhmacher.

Deren Stellen werden vom Land Hessen finanziert.  „Wir haben die Chance auf die Landesförderung bewusst genutzt und beide Stellen besetzt, denn der Radverkehr spielt im Odenwaldkreis eine zunehmend wichtige Rolle, gerade mit Blick auf E-Bikes und Pedelecs, mit deren Hilfe man auch die geographischen Herausforderungen unserer Mittelgebirgslandschaft gut bewältigen kann“, so Landrat Frank Matiaske. „Das spiegelt sich auch in unserem Radverkehrskonzept wider.“ Der Landrat würdigte Lißners Arbeit als „wichtigen Beitrag zur Förderung des Radverkehrs, der zeigt, dass und wie auch die Planung von Radwegen von der Digitalisierung profitiert“.

Lißner stellte die Präsentation der Daten in den Zusammenhang mit der Mobilitätswende in Deutschland und der Bedeutung des klimafreundlichen Radverkehrs: „Radfahren ist aber nicht nur klimaschonend, sondern auch schnell, günstig, platzsparend und sozial und sollte daher allerorts gefördert werden.“

Er war nicht nur für den Vortrag in den Odenwaldkreis gekommen, sondern stand schon vor der Abendveranstaltung für Gespräche zur Verfügung: Gemeinsam mit Linkenheil und Schuhmacher war er am Nachmittag im Landratsamt zu einem Fachgespräch mit Vertretern mehrerer Städte und Gemeinden zusammengekommen. Am Vormittag stand ein Austausch mit Lehrkräften und Schülern über umweltfreundlichen Verkehr auf dem Programm, der in der Ernst-Göbel-Schule, Höchst, stattfand.